Deutschland reformiert die Kleinunternehmerregelung zur Anpassung an die EU-weiten Bestimmungen

Bisher galt eine rein nationale Regelung. Kleinunternehmer konnten nur deutsche Unternehmer sein. Umsatzsteuer war nicht zu erheben, wenn bis zu 22.000 EUR Umsatz im Jahr erzielt wurden. Im Gegenzug durfte der Kleinunternehmer keine Vorsteuer abziehen. Man prüfte die erwarteten Umsätze zu Beginn des Jahres, spätere Überschreitungen der Umsatzgrenzen waren dann nicht mehr relevant. Führte der deutsche Kleinunternehmer Umsätze im EU Ausland aus, galten für ihn die gleichen Regelungen wie für jedes andere Unternehmen. Auch in den anderen EU Ländern gab es meist eine ähnliche Regelung.
Jetzt hat die EU die Kleinunternehmerregelung harmonisiert.

Deutsche Kleinunternehmer, die nur im Inland tätig werden

Zunächst einmal ändert sich für den ausschließlich in Deutschland tätig werdenden Kleinunternehmer nicht so viel, aber einige Besonderheiten sind doch zu beachten.

  1. Die Umsatzgrenze hat sich erhöht: von 22.000 EUR auf 25.000 EUR
  2. Der Umsatz des Vorjahres darf 25.000 EUR nicht überstiegen haben und der Umsatz des laufenden Jahres darf 100.000 EUR nicht übersteigen
  3. Die Umsätze sind steuerfrei, solange die Grenze von 100.000 EUR nicht überschritten ist. Damit kann es ab 2025 erstmals dazu kommen, dass während des Jahres ein Wechsel von der  Kleinunternehmerbesteuerung zur Regelbesteuerung stattfindet.
  4. Für die steuerfreien Umsätze ergeben sich die bekannten Konsequenzen: Kein Vorsteuerabzug, kein Ausweis von Umsatzsteuer in einer Rechnung, ggf. Vorsteuerberichtigung nach den allgemeinen Vorschriften, keine Besteuerung von innergemeinschaftlichen Erwerben unter den allgemeinen Voraussetzungen.
  5. Kleinunternehmer sind grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen abzugeben, es sei denn, das Finanzamt fordert sie dazu auf.
    Achtung: bezieht ein Kleinunternehmer Leistungen nach §13b UStG oder überschreitet er die Erwerbsschwelle für innergemeinschaftliche Erwerbe von 12.500 EUR, muss er für den betreffenden Meldezeitraum eine Voranmeldung und eine Jahressteuererklärung abgeben. Ein Vorsteuerabzug ergibt sich aber nicht.
  6. Kleinunternehmer müssen in ihren Rechnungen auf die Steuerfreiheit als Kleinunternehmerumsatz hinweisen, sie sind nicht verpflichtet, E-Rechnungen zu erstellen
  7. Wie bisher auch, können Kleinunternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten. Anders als früher, wo der Verzicht bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung möglich war, ist die Frist jetzt deutlich kürzer: Bis Ende Februar des übernächsten Kalenderjahrs muss der rückwirkende Verzicht ausgeübt sein (also für 2025 bis zum 28.02.2027). Der Verzicht bindet – wie bisher – 5 Kalenderjahre. Wenn diese Bindungsfrist abgelaufen ist, kann der Widerruf des Verzichts (also die Rückkehr zur Kleinunternehmerbesteuerung) gegenüber der Finanzverwaltung mit Wirkung zu Beginn des folgenden Kalenderjahres erklärt werden.

Neue Grenzüberschreitende Regelung ab 2025:

Ab 2025 wird im europäischen Binnenmarkt eine grenzüberschreitende Kleinunternehmerbesteuerung umgesetzt. Dann können auch deutsche Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten der EU an der dort geltenden Kleinunternehmerbesteuerung teilnehmen. Umgekehrt können auch Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland als Kleinunternehmer behandelt werden. Die Voraussetzungen dafür werden künftig durch das BZSt (Bundeszentralamt für Steuern) im Rahmen eines besonderen Meldeverfahrens kontrolliert. Außerdem gibt es künftig eine “Kleinunternehmer-Identifikationsnummer“.

Deutsche Kleinunternehmer im EU-Ausland

Deutsche Unternehmer können für Leistungen in andere EU-Staaten die Kleinunternehmerbesteuerung nach den dort national geltenden Regelungen in Anspruch nehmen. Der Unternehmer muss daher für jedes Land in das er Umsätze ausführt, prüfen, ob er die Landesumsatzgrenzen einhält.

Um überhaupt als grenzüberschreitender Kleinunternehmer tätig sein zu können, darf der Gesamtumsatz im Gemeinschaftsgebiet im vorangegangenen Kalenderjahr 100.000 EUR nicht überschritten haben. Umsätze ins Drittlandsgebiet (z.B. Schweiz) sind bei der Berechnung des Gesamtumsatzes unbeachtlich. Außerdem sind – wie bisher – bestimmte steuerfreie Umsätze unbeachtlich.

Ist diese Voraussetzung erfüllt, und möchte der deutsche Kleinunternehmer Umsätze im EU Ausland ausführen, sind folgende Schritte zu beachten:

  1. Der Unternehmer muss sich in einem elektronischen Verfahren beim BZSt registrieren, er erhält dann die “Kleinunternehmer-Identifikationsnummer”.
  2. Der Unternehmer muss künftig für jedes Quartal eine Umsatzmeldung (nicht: Umsatzsteuervoranmeldung!) elektronisch beim BZSt einreichen. Fällig ist die Meldung bis zum Ende des Folgemonats.
  3. Überschreitet der Unternehmer die Umsatzgrenze von 100.000 EUR während des Jahres, muss er das dem BZSt innerhalb von 15 Tagen melden. Mit dem Überschreiten der Grenze endet die Teilnahme an dem besonderen Meldeverfahren, die Umsätze sind ab diesem Zeitpunkt in den anderen Mitgliedstaaten (und in Deutschland) steuerpflichtig.
  4. Der Unternehmer kann auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichten und ist dann für 5 Jahre an diese Entscheidung gebunden. Der Verzicht kann (nachdem die Bindungsfrist abgelaufen ist) nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
  5. Der Kleinunternehmer darf sich nicht in anderen Mitgliedstaaten als Kleinunternehmer registrieren.

EU-ausländische Unternehmer in Deutschland

Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten können die deutsche Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Für Unternehmer aus Drittstaaten gibt es diese Möglichkeit nicht. Der EU-Unternehmer muss dazu die deutschen Regelungen einhalten. Der Umsatz des Vorjahres in Deutschland darf 25.000 EUR nicht überstiegen haben. In seinem Sitzstaat wird geprüft, ob die folgenden weiteren Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der EU-weite Umsatz hat im Vorjahr und im laufenden Jahr nicht mehr als 100.000 EUR betragen.
  2. Der Unternehmer hat eine EU-weit gültige “Kleinunternehmer-Identifikationsnummer” erhalten und nimmt damit in seinem Sitzstaat an dem besonderen Meldeverfahren teil.

Auch hier ist der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung in Deutschland möglich, wenn der EU-Unternehmer dies seiner Finanzbehörde mitteilt, der Verzicht bindet ihn für 5 Jahre und kann nach Ablauf der Bindungsfrist nur mit Wirkung für das folgende Kalenderjahr widerrufen werden.